Ţigani - Sinti-, Romaviertel und mehr

17Nov2019

Wie schon gedacht, hat sich unser Arbeitsalltag nach den fünf Wochen, die wir mittlerweile hier sind, langsam eingependelt.

Nachdem wir uns im Atelier vorher immer kreativ an Sponsorengeschenken ausleben konnten – indem wir eine Holzuhr oder hölzerne Einbände für Notizhefte bemalten –, beginnt jetzt mit der Weihnachtszeit die richtige Arbeit: für einen Sponsor aus Wien werden 600 Sterne aus Papier benötigt. Seit zwei Wochen knüpfen wir also für drei bis vier Stunden am Tag Papiersterne und sind noch lange nicht fertig – eine mühsame und manchmal entnervende, aber oft auch meditative Aufgabe. Obwohl wir beim Knüpfen zwar auf wirklich vieles achten müssen, kann sich dabei immerhin unser Kopf entspannen, bevor wir in die Häuser der Kinder gehen.

 

Dort helfen wir weiterhin den kleineren Kindern nach dem Mittagessen bei den Hausaufgaben, geben vor oder nach dem Abendessen einigen Englischnachhilfe oder malen (mit) ihnen etwas. Das „mit“ hält sich dabei oft in Grenzen, weil sie oft nicht daran glauben, zeichnen zu können und es deshalb lieber lassen, aber auch daran versuchen wir zu arbeiten.

Diese Woche hat ein Sponsor aus Lichtenstein die Farm besucht. Dieser spendet nicht direkt Geld, sondern bringt lastwagenweise alle möglichen Gegenstände, die hier gebraucht werden können: Geschirr, Kleidung, Betten, Schränke, Kuscheltiere… All das bekommt er wiederum aus Lichtenstein, indem er zum Beispiel schließende Hotels oder Jugendherbergen ausräumt, deren Sachen sonst einfach im Müll gelandet wären.

Hier auf der Farm werden dann alle zu verbessernden Sachen ausgetauscht und ein großer Basar in der Turnhalle veranstaltet, zu dem alle Kinder, Mitarbeiter und Klienten von Concordia kommen können und sich nehmen, was sie brauchen. Auch mit Hilfsbedürftigen aus dem Dorf kann abgesprochen werden, was für sie entbehrt werden kann.

Alles, was übrig bleibt, wird dann in Sinti- und Romaviertel der nächstgelegenen Stadt gebracht. Dort wird evaluiert, welche Familie was benötigt und wer die Spenden wertschätzen und darauf aufbauen kann.

Ein Beispiel dafür stellt eine Familie dar, von der auch drei Kinder in einem der Häuser der Farm untergebracht sind. Diese Familie lebt ebenfalls in einem dieser Viertel, die Mutter der Kinder, die Großmutter, vier andere Kinder, die die Geschwister von der Farm gar nicht kennen, und der Mann der Mutter, der selbst nochmal sechs Kinder hat. All diese Leute lebten bis vor kurzem in einer winzigen Hütte, die eine Pritsche ohne Matratze für die vier Kinder und einen mit Pappe ausgelegten Erdboden beinhaltete. Die Wände und das Dach waren angeblich vollkommen wind- und wasserdurchlässig, ein Bad gab es in keiner Form und die Küche bestand aus einer vor dem Haus stehenden Gaskochplatte. Strom und Gas zapfen sich die Leute in solchen Vierteln illegal von offen liegenden Leitungen ab.

Gerade baut Concordia zusammen mit dieser Familie ein neues Haus, eines, dessen Wände und Dach ordentlich dicht sind und in dem gespendete Möbel und Kleidung auch eine Weile halten.

Dass man ein solches Viertel mal selbst sehen sollte, ist relativ unwahrscheinlich, da es sehr gefährlich ist, so eines als Fremder einfach so zu besuchen. Mir wurden nur Fotos gezeigt und das reicht einem auch erstmal… Aber vielleicht nimmt mich dieser Spender bei seinem nächsten Besuch in sicherer Begleitung mal mit dorthin.

Wen es interessiert, der kann sich die Bilder der Fotostrecke zum Artikel auf folgender Website anschauen: http://reporterreisen.com/zehn-tage-siebenbuergen/reportagen/die-mauer-von-tarlungeni/

Die Häuser in diesem Romaviertel in Siebenbürgen sehen dort allerdings noch besser aus als die Bilder, die mir von dem hier in der Nähe gezeigt wurden.

Abgesehen davon kommen hier auf der Farm langsam die Weihnachtsvorbereitungen in Gang: neben den Papiersternen basteln wir auch mit den Kindern Weihnachtskalender und ihre Wunschkarten an den Weihnachtsmann – die hier in erster Linie an Sponsoren gehen – mussten sie schon längst schreiben, wobei sie eher von den Erziehern gedrängt wurden als es in voller Vorfreude zu tun.

Jedenfalls kommen dabei auch wir Freiwilligen in Weihnachtsstimmung und freuen uns immer mehr auf die Zeit zu Hause, die von uns die meisten zwischen Weihnachten und Silvester dort verbringen. So haben wir zum Beispiel jetzt schon Plätzchen gebacken.

Ich wünsche eine schöne Vorweihnachtszeit, die hoffentlich auch für euch bald beginnt!